Elke im Wunderland des Pomerol, oder: das Schokoladenmuseum war einen Abend lang vielleicht doch in Wachtberg-Arzdorf.
Schon Tage zuvor überlegte ich mir immer wieder die Abfolge der Flaschen. Man möchte ja nicht mit dem vermeintlich besten Flight starten. Diese Sorgen waren alle unbegründet, warum? Es gab einfach keinen schwachen Flight.
Nenin ist in den reifen alten Jahrgängen kein Geheimtipp mehr, aber steht zum Glück nicht so im Fokus und so sind diese teilweise großartigen Weine noch gut zu bekommen.
1. Flight
Château Nenin 1953: Hatte schon eine oxydative Nase, aber wir wollten den Wein ja auch nicht inhalieren sondern trinken und am Gaumen waren diese Noten der Oxidation gar nicht mehr vorhanden. In diesem Flight sicherlich der schwächste Wein. Daneben dieser überaus elegante und finessenreiche Château La Conseillante 1955, hier war die Nase ein Beerenbouquet mit Schokoladenüberzug und die der Gaumen hielt was die Nase versprach. Château Nenin 1959, hatte eine unglaubliche Kraft, war dicht, konzentriert, einfach ein perfekt gereifter Pomerol im Valbuena-Schokoladenmantel. Dieser 1959 Nenin stahl dem Château Nenin 1961 glatt die Show. Nenin 1961 hatte die Säure noch nicht so harmonisch in das Schokoladentürmchen eingebaut.
2. Flight
Château Clos L´Eglise Clinet 1947 haben wir im zweiten Flight wohl aus dem Schlaf geweckt. Dieser Wein brauchte im Glas eine Weile ehe er seine Muskeln zeigte. Dieser Wein hat noch reichlich Potential gebündelt im Wein. Schwarze überreife Früchte in Zartbitterschokolade und Nougat. Ja und dann kam dieser Château Clinet 1950,
erstmals merkte ich wie wichtig und vor allen Dingen amüsant eine Tischordnung sein kann. Neben mir saß links Achim Becker (1950 geboren) und rechts Jan Erik Paulson (1949 geboren). Ein feines amüsantes verbales Battle, aber das nur nebenbei. Zumindest wäre das in jeder Hinsicht einmal ein spannendes Thema. Dieser Clinet 1950 verströmte eine Wohligkeit, links liebte ihn und rechts musste zugeben, ja ich auch…sage ich ja, die Tischordnung ist wichtig. Dann kam dieser Château L´Eglise Clinet Barriere 1959 mit einer gewaltigen Frucht daher, so dominant so groß. Ein richtig großer Wein. Fast schon schmusig und genau das fehlte dem Château Clinet 1961, ohne ihn abzuwerten, denn hier hatten wir einen genialen perfekten Flight vor uns im Glas. Aus früheren Erfahrungen weiß ich Clinet 1961 braucht zwei Stunden. Zu einer Probe werden die meisten Weine auf den Punkt geöffnet, ich möchte den Gästen hinterher sicher nicht erzählen, wie klasse der Wein 2 Stunden zuvor war.
Wie wird ein „Pausenfüller“zum Pausenknüller?
Indem man eine Magnum Château Petrus 1971 aufschenkt.
Vom ersten Moment durchströmte ein Duft von Backpflaumen und Cassis den Keller als die Flasche geöffnet wurde. Natürlich durfte Stevie Kimmig das erste Glas versuchen, schließlich ist es sein Jahrgang. Schon ein ganz kurzes riechen ins das Glas zauberte ein Dauergrinsen in jedes Gesicht.
Vielleicht schreiben nur Frauen jetzt wie berührend solche Weine sich in die Weinseele einbrennen, aber auch nur vielleicht. Wie oft passiert das? An diesem Abend gleich zweimal, aber dazu später.
Diese Magnum hatte eine burgundische Süße, üppige Cassisnoten, sehr dicht und komplex, Nougatpralinen und genau jetzt war einfach nur noch das Stille genießen angesagt.
Aus Höflichkeit versuchte der liebe Oliver Speh (meine immer zuverlässige Unterstützung beim Dekantieren) mir das Ausschenken abzunehmen. Fehlanzeige, diese Flasche wollte ich ganz alleine ausschenken und jedes freudige Lächeln mit diesem Wein im Glas genießen. Das sind 100 Punkte mit Sternen im Himmel.
3. Flight
Chateau L´Evangile 1947, Händlerflasche ein Hauch von Port, Schokoaromen (Kakao) in der Nase veränderte er sich mehrfach, pendelte sich im Glas sehr schön ein. Chateau L'Evangile 1950 Reidemeister&Ulrich, in der Nase etwas Eukalyptus und Minze. Im Gaumen schön weich und dennoch mit viel Ausdruck und Kraft. Chateau L'Evangile 1955, keinen Wein habe ich häufiger getrunken in meinem Leben, bisher. Noch in der Hobbyphase kamen 60 Flaschen in den Keller, für damals noch kleines Geld. Kein Ausfall und selbst schwächere Füllstände konnten noch beeindrucken, das ist aber viele Jahre her und so hatte ich vor Jahren den Eindruck L´Evangile 1955 wird müde. Nicht so an diesem Abend, ein tolle Pralinen Flasche, die mich an alte Zeiten erinnert hat. Chateau L'Evangile 1959 Eschenauer passte einfach sehr gut in die Serie, das er aber so neben den anderen L´Evangile glänzen kann hätte ich nicht gedacht.
4. Flight
Château Vieux Château Certan 1950, herrlich kompakt, dunkle Schokolade. Ein toller 50ger. Château Vieux Château Certan 1953, was für ein großartiger Wein und in dieser Form durfte ich ihn noch nie erleben. Exakt auf dem Punkt, ja und hier merkte man wirklich wie köstlich After Eight in Flaschen sein kann. Château Vieux Château Certan 1955, Die Nase gefiel mir nicht, aber der Gaumen, dennoch ohne Chance neben dem genialen 1953 und 1950. Château Vieux Château Certan 1961, hier war nichts zu machen, der Wein war trüb und kaputt. Schade, aber das war auch die einzige Flasche und ich eilte ja schon in den Keller mit Ersatz. Das ist der Vorteil an den Hausproben, einfach eine Tür weiter und Château Vieux Château Certan 1943 öffnen: Backpflaumen, reife Waldbeeren, insgesamt nicht so komplex wie die anderen VCC.
Chateau Petrus 1950
Wie schön ist es nach einer solchen Probe nochmal einen ´drauf zu setzen. Einfach den perfekten Abschluss in die Gläser zu schenken.
Blind brachte ich den nichtsahnenden Gästen 1950 Petrus ins Glas. Achim bekam sofort ein Leuchten in die Augen, denn 1950 Petrus ist ein absolut perfekter Pomerol mit wunderschöner Süsse, Früchte, Dörrplaumen, ein Hauch von Kokos.